Sonntag, 14. Dezember 2014

8 Bücher, die mir halfen.

Medizin für Melancholie von Ray Bradbury
Die Bradbury-Bücher gehörten meinem Stiefvater, ich las sie nach und nach, als ich Medizin für Melancholie einmal in der Schule dabei hatte, wurde ich dafür von meiner Klassenlehrerin verspottet, denn sie hielt mich für einen Träumer. Ich empfand das als ehrverletzend. Träumer sind Dussel, die gegen Laternenpfähle laufen. Ich war einfach nur anders.
Irgendwann vermachte mir Stiefvater all diese Bücher, alle im selben gelblichen Diogenes-Design: 


Sie seien ihm nun zu blumig. Erschien mir absurd, wie könnte ein Buch zu wenig verschnörkelt sein? (Mittlerweile weiß ich, was er meinte.)

Geschichten aus dem Mumintal von Tove Jansson
Äußerst bedrückendes Kinderbuch in einer DDR-Ausgabe, die voll mit lilabluttriefenden Aquarellen war und damit völlig losgelöst bzw. gar nicht in Verbindung zu bringen mit den Fernseh-Mumins. Die Figuren waren für Kinderbuchverhältnisse völlig zerstört, einsam, ordnungsversesessen, auch nicht alle jung. Ist noch immer ein Superbuch.





Phonon von Dietmar Dath
Fand ich durch Zufall in einer Heilbronner Bibliothek. (Diese Bibliothek sollte - bis jetzt - die letzte sein, die mir als Schlechtwetter-Schlechttag-Ersatzheimat dienen konnte. Die Mittweidaer Hochschulbücherei kann das nicht. Zu dunkel, zu seltsam, zu wenig Platz zum Verstecken.)



Ich entdeckte, wie es ist, wenn Ernst und Albernheit auf einem Fleck koexistieren. Menschen, die in Bäumen wohnen und, aha, es gibt "spekulative Fiktion"! Das erinnert mich allerdings an neulich, als ich durch Zufall diese Animatorenszene entdeckte, die mit Poser und anderen Programmen in der schwarzen Suppe des uncanny Marianengraben taucht, ich fühlte mich wirklich wie ein Entdecker, bis mir klar wurde, dass andere dieses Gebiet bereits vor mir erschlossen haben. Irgendwie peinlich.

I am Airen Man von Airen



Airen, tja. Strobo war bisschen fade. Außerdem ist er auch noch aus Bayern. Aber das zweite Buch. Hm. Ich weiß nicht, sicher, da war auch eine gewaltige Prise ungesunder Exotismus dabei, aber seine Beschreibungen von Mexiko waren schön verschwitzt und ich mochte, wie er selbstverständlich mit Männern, Frauen und Transmenschen umging. Durchhing, leistete, durchhing, leistete. Irgendwie ist ihm da - vielleicht per Zufall - ein gutes Buch gelungen.



Jan Bibijan - Unwahrscheinliche Abenteuer eines Lausbuben von Elin Pelin




So eine Art Alice im Bestrafungsland für Jungs. Sehr brutal und einsam. Hab es mehrmals gelesen, vergesse aber immer, ob es gut ausgeht.


Allerlei-Rauh: Eine Chronik von Sarah Kirsch





Sarah Kirsch, thüringische Zwiespalt-Bauernliteratin, sehr bewandert, was Natur und Pflanzen angeht, schrieb auf der einen Seite abstoßende LPG-Märchen, auf der anderen ist die Sprache ungewöhnlich zerpflückt, gebogen, mit einem Dreschflegel bearbeitet. Meine Mutter mag sie sehr, erfahre ich später.


Alexander Nikopol von Enki Bilal



Teure Comics und Bibliotheken. Irgendwie untrennbar. Bilals Brustfixierung empfand ich immer als etwas unangenehm, aber die Obsession mit der der (selbst geschaffenen) weiblichen Hauptfigur scheint so eine Art Faden zu sein, der sich durch alle Graphic Novels zieht, die ich bisher so las.
Nikopol war trotzdem cool, weil körnig, grimm, kalt, rücksichtslos. Mittlerweile finde ich Bilas Filme fast besser als seine Comics, aber was weiß ich schon.


Blackbox von Benjamin von Stuckrad-Barre



Ich war nicht dabei, als Stuckrad-Barre in Ungnade fiel, in ein scheinbar endloses Hassgrab, das bis heute mit Dreck zugeschaufelt wird.
Vielleicht geht mir irgendwann ein Licht auf und ich verstehe, was Menschen an ihm nicht mögen, über seine Person hinaus. Ja, er arbeitet für Springer. Ich mag ja auch viele Medienmenschen nicht und begründe das vielleicht schlecht. Christian Ulmen zum Beispiel, der ja viel mit Stuckrad-Barre rumhängt.
Stuckrad-Barre ist... ein Pfarrerssohn und im Gegensatz zu manchen, die ich kennenlernte, nicht vollkommen kaputt. Irgendwie bei aller Gehässigkeit freundlich, bei seinem Herumschiebespiel mit deutschen Figürchen. "Horst Seehofer geht mit Blixa Bargeld in den Zoo, dort treffen sie auf der Toilette Hans Meiser, der gerade die Windeln von Kati Witt wechselt."
Letztlich finde ich an ihm gut, dass er nicht verschwindet, sein Format immer wieder ändert, nicht nur darüber redet, es zu tun. Und ich erlebe ihn selten dabei, wie er Mann-Frau-Strukturen zementiert, obwohl er das natürlich indirekt wieder über seine unschöne Ulmen-Connection wohl tut. Ich weiß es nicht. Blackbox ist jedenfalls gefühlt sein letztes "richtiges" Buch, alles danach war nur noch Verarbeitung und Verwaltung.
Werde mir heute sein Google-Suchtreffer-Buch von 2006 aufs Klo legen. Bin gespannt, ob es mittlerweile Relevanz bekommen hat, wie ein altes Magazin.